Das Jahr 1924 war in der noch jungen Demokratie im damaligen Deutschen Reich gleich von drei Wahlen geprägt. Am 4. Mai 1924 fanden in den Oberämtern (Vorgänger unseres heutigen Landkreises) Crailsheim, Gaildorf, Gerabronn und Hall Landtags- und Reichstagswahlen statt und am 7. Dezember 1924 standen erneut Reichstagswahlen an. Zu den Landtagswahlen traten 8 Parteien an, zu den Reichstagswahlen 15. Auf Plakaten und in den auf unserem Gebiet erscheinenden vier Zeitungen (Oberamt Gerabronn „Vaterlandsfreund“, Oberamt Crailsheim „Fränkischer Grenzbote“, Oberamt Hall „Haller Tagblatt“ und Oberamt Gaildorf „Kocherbote“) lieferten sich die Parteien regelrechte Propagandaschlachten um die Gunst der Wählerinnen und Wähler, denn das Deutsche Reich litt, durch den verlorenen 1. Weltkrieg und bedingt durch Exportbeschränkungen und hohe Reparationszahlungen an die Siegermächte, unter hoher Arbeitslosigkeit und einer galoppierenden Inflation. Diese Gemengelage machte die junge Demokratie immer wieder anfällig für Angriffe politischer Gegner und sorgte für häufige Neuwahlen und Regierungswechsel. Bei den Landtagswahlen hatte in unserem christlich-landwirtschaftlich-konservativ geprägten Gebiet das „Zentrum“ die Nase vorn, dicht gefolgt vom „Bauernbund“. Dahinter folgten die „Vereinigten Sozialdemokraten“ sowie der „Demokratische Block“ und der „Rechtsblock“. Die Reichstagswahlen zeigten für unser Gebiet ein ähnliches Ergebnis. Da es keine 5%-Hürde gab, waren der Landtag und der Reichstag von einer Vielzahl kleiner und großer Parteien geprägt. Die Bezeichnungen der politischen Richtungen (Mitte, links, rechts) sind in der damaligen Zeit aufgrund der Sitzordnung der Parteien im Reichstag entstanden und haben bis heute ihre Gültigkeit behalten. Auch 100 Jahre später gilt es weiterhin, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung vor Angriffen von Demokratiegegnern von links bis rechts zu verteidigen. Gleichwohl war die Ausgangslage in den 1920er-Jahren eine völlig andere, da wir heute glücklicherweise von instabilen Regierungen, häufigen Regierungswechseln, Hyperinflation und hohen Reparationszahlungen weit entfernt sind.